background

Lieber gut longiert als schlecht geritten 

Seminar mit Wilfried Gehrmann in der Landesreitschule Rheinland

 

Am 23.02.2007 referierte Wilfried Gehrmann in der Landesreitschule Rheinland (Langenfeld) zum Thema Richtiges Longieren mit der Doppellonge. 

Zur geschichtlichen Entwicklung der Doppellonge führte Herr Gehrmann einleitend an, dass diese bereits nachweislich im 18. Jahrhundert angewendet wurde. 

In der heutigen Zeit gewinnt die Arbeit mit der Doppellonge - nicht nur bei Fahrern - an zunehmende Bedeutung. Die Handarbeit und das Longieren mit der Doppellonge ist nicht nur Bestandteil der Meisterprüfung im Pferdesport, sondern ist auch bei den Deutschen Longierabzeichen (DLA) wiederzufinden. Insbesondere beim DLA Klasse II (Silber) ist die Doppellongenarbeit sowie die Arbeit am Langzügel gefragt, wobei der Referent hier herausstellt, dass vorgestellte Pferde sich ausbildungsmäßig im A-L-Bereich befinden müssen, da sie sonst nicht über die benötigte Selbstdarstellung verfügen. 

In der etwa 20 minütigen Prüfung zum DLA II wird das Pferd gemäß der Ausbildungsskala durch den Longenführer vorgestellt, wobei die drei Hauptphasen (Lösungsphase, Arbeitsphase, Auslauf-/Beruhigungsphase) erkennbar sein müssen. In der Langzügelarbeit sind u.a. Hufschlagfiguren (Volten, Schlangenlinien u.a.), Slalom um Kegel, Schenkelweichen usw. gefragt. Befindet sich das vorgestellte Pferd auf einem höherem Ausbildungsniveau auch Schulterherein, Traver, Traversale und in der versammelten Arbeit die Piaffe und Passage. 

Wo viel longiert wird, wird schlecht geritten - ein Ausspruch, der laut Wilfried Gehrmann nicht immer stimmen muss. 

Das Longieren mittels Doppellonge kann durchaus als Reiten vom Boden aus verstanden werden und es gehört sehr viel Routine dazu, Pferde mit der Doppellonge qualifiziert auszubilden. In diesem Zusammenhang zitierte der Referent "Vor dem Können steht das Wissen" (Paul Stecken), denn zunächst muss sich der Longenführer das theoretische Wissen über das richtige "Gehen" eines Pferdes aneignen sowie das praktische Können, um dieses Wissen auch in die Praxis umsetzen zu können. Als theoretische Grundlage für die Ausbildung an der Doppellonge dient die Ausbildungsskala - sie besitzt beim Longieren Gültigkeit, beim Reiten und beim Fahren. Demnach findet die Ausbildung an der Doppellonge in völliger Übereinstimmung mit der klassischen Reitlehre statt.

Die Einsatzmöglichkeiten der Doppellonge sind äußerst vielseitig. Bei jungen Pferden kann sie bereits in der Gewöhnungs- und Vertrauensphase zum Einsatz kommen. Diese lernen zum einen die Ausrüstungsgegenstände kennen, zum anderen werden sie mit dem beidseitigen Führen der Longe vertraut, welches den späteren Zügelhilfen ähnlich ist. Ziel in der Ausbildung junger Pferden ist das taktmäßige, losgelassene Gehen mit Vorwärts-Abwärts-Dehnung. 

An der Doppellonge können Pferde jeder Disziplin gut gelöst werden. Die Doppellongenarbeit fördert insbesondere die Rückentätigkeit. 

In der weiteren Ausbildung wird die Durchlässigkeit des Pferdes insbesondere durch das Longieren von Übergängen verbessert. Auch die Bodenrickarbeit und das Springen kann mit einbezogen werden. 

Die Doppellongenarbeit präsentiert sich somit vielfältig in ihrem Einsatz - für das Fahrpferd ist sie unabdingbar, für das Voltigierpferd eine sinnvolle Ergänzung, für das Dressurpferd für die Erarbeitung der Versammlung einsetzbar und für das Korrekturpferd hat sich der Einsatz ebenso bewährt. 

Im Anschluss an den theoretischen Ausführungen ging Wilfried Gehrmann zum Praxisteil über. Zur Demonstration standen ihm vier Pferde unterschiedlichen Ausbildungsstandes zur Verfügung - vom "Doppellongen-Neuling" bis zum St.Georg ausgebildeten Dressurpferd war jedes Ausbildungsniveau vertreten. 

"Man kann mittels Doppellongen-Arbeit den Gehorsam und die Durchlässigkeit und damit auch die Rittigkeit des Pferdes stark verbessern. Man kann neue Lektionen erarbeiten, aber auch Korrekturpferde mit Temperaments- oder Gebäudefehlern oder Ausbildungsmängeln wieder auf den richtigen Weg bringen. Außerdem kann besonders die versammelnde Arbeit trainiert werden. Das alles funktioniert aber nur bei fachlich fundiertem Einsatz dieser Ausbildungsmethode – und mit viel Geduld. Das größte Problem in der Doppellongen-Arbeit ist meistens die Ungeduld des Ausbilders/Reiters,“ lautete Wilfried Gehrmanns Fazit, bevor er sich den Fragen des Publikums stellte. 

Mein Fazit: Ein informatives, interessantes Seminar, das Lust auf einen Lehrgang macht! 

BN