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Ritt in fremden Gefilden

 

 

Dieses Jahr sollte es endlich soweit sein. Wir, d.h. meine Tinkerstute Casey und ich, Manuela, wollten ein uns völlig unbekanntes Terrain betreten: 

Distanzreiten

Zuerst ging es mal in die Vorbereitung, so dass wir trotz Schnee und Eis fleißig trainierten: Dressurarbeit, Doppellonge, lange Spaziergänge, Ausritte und ein bisschen Kopfarbeit standen auf dem Programm. Nebenbei stöberte ich in diversen Büchern und im Internet um möglichst viel über das Distanzreiten zu erfahren. So viele neue Begriffe - Vetgate, Tempo 6, Radarfalle, Schwebesitz, Checkkarte usw, usw... 

Die Einladung zum Einführungsseminar am 25. und 26. März 2006 in Düren kam mir da gerade recht. Auf dem Programm stand neben der kompletten Theorie auch ein praktischer Teil mit anschließendem Demo-Distanzritt über 15 km. Also genau das Richtige, um unser Wissen zu erweitern und unsere Kondition zu überprüfen. 

Der theoretische Teil war mit eigenen Anekdoten und Videoaufnahmen sehr lebhaft und interessant gestaltet. Keine Frage blieb unbeantwortet, denn die gesamte Familie verfügt über viel Erfahrung durch die erfolgreiche Teilnahme von Kyra und ihrem Sohn Ben im Distanzsport. Kyras Mann begleitet die beiden oft als Trosser und ist in diesem Jahr für die Distanzstrecke der Weltmeisterschaft in Aachen verantwortlich. 

Im praktischen Teil sollten die Teilnehmer den Schwebesitz und das Pulsmessen erlernen. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl fiel dieser praktische Teil nicht so gut aus. Dann beurteilten wir die Ausrüstung von Pferd und Reiter und übten das Vortraben an der Hand. 

Am zweiten Tag gingen wir dann auf unseren ersten Distanzritt. Wie auf einer richtigen Distanz mussten unsere Pferde vorab zu einer Voruntersuchung. Hier wurden Puls, Atmung, Sattellage und Beine kontrolliert und die Pferde an der Hand vorgetrabt. Alle Werte und Befunde wurden in unsere Checkkarte eingetragen, die wir vorher bekommen hatten. 

Dann ging es in kleinen Gruppen 15km über Felder, Straßen und durch kleine Wäldchen. Da wir eine gewisse Reitzeit nicht überschreiten durften, ritten wir hauptsächlich im Trab. Auf halber Strecke gab es dann eine Pulskontrolle. Hier wurde der Pulswert des Pferdes bei Einlauf gemessen und musste erst wieder unter 64 sein, damit man weiterreiten durfte. Ich war schon sehr erstaunt wie fit mein Pony ist. Schnell konnten wir weiterziehen. Casey war in ihrem Element, der Ehrgeiz hatte sie gepackt und an Schritt war nicht mehr zu denken. Nach nicht ganz 1,5 Stunden kamen wir dann im Ziel an. Hier wurde unsere Zeit gestoppt und der Puls gemessen. Jetzt hatten wir 20 Minuten Zeit den Pulswert des Pferdes wieder auf mindesten 64 zu reduzieren. Lag der Wert dann immer noch über 64 kam man nicht in die Wertung, die durch die Vergabe von Strafpunkten für Zeitschreitung und zu hohe Pulswerte erfolgte. Nach einer längeren Pause wurden die Pferde dann noch einmal an der Hand vorgetrabt. Erst danach war der Ritt abgeschlossen. 

So gut vorbereitet stand unserem Start beim 

Kleverlandritt

am 22. April 2006 nichts mehr im Wege. Was würde uns wohl erwarten? Etwas aufgeregt ging es schon am Freitagnachmittag los. Das Chaos begann schon mit der Wegbeschreibung - rechts und links zu verwechseln ist in einer Wegbeschreibung schon ziemlich blöde - und wo war die versprochene Beschilderung? Nach einigen Wendemanövern kamen wir dann endlich auf der Anlage an. 

Schnell einen Paddock aufgebaut und das Auto zum Schlafzimmer umgestaltet und dann auf zur Meldestelle. Hier wühlten aufgeregte Helfer in einem Berg von Leibchen mit unseren Startnummern. Bei fast 150 Startern eine schöne Aufgabe - hätte man vielleicht vorher mal sortieren sollen! Bald war unsere Startnummer gefunden - Nr. 69! Jetzt mussten wir nur noch herausfinden, wo unsere vorbestellte Box war und woher wir Heu bekamen. Auch das lief etwas chaotisch ab, da die Veranstalterin wohl die Einzige war, die über alles Bescheid wusste. 

Folgenden Satz habe ich an diesem Wochenende bestimmt 100 mal gehört:

Keine Ahnung, da musst du mal die T. fragen!

Nachdem auch diese Hürde genommen war, erwartete uns schon die nächste: Anstehen zur Voruntersuchung! Der versprochene 2. Tierarzt hatte Verspätung, so dass wir 2 Stunden anstehen mussten, um dann die Voruntersuchung bei Scheinwerferlicht zu absolvieren. 

Zum Start zugelassen, ging es noch schnell zur Streckenbesprechung, von deren Existenz aber auch nicht jeder Teilnehmer wusste. Vor Ort wusste man dann nicht so genau von welcher Strecke gesprochen wurde und zu hören war leider auch nur die Hälfte, so langsam waren einige schon ziemlich genervt. 

Am nächsten Morgen ging es genauso chaotisch weiter - Wo waren Start und Ziel? 

Start gefunden, aber Ziel unbekannt, überließ ich meiner Trosserin Jutta die Suche nach dem Ziel und startete auf Nachfragen endlich mit 3 weiteren Reiterinnen zu unserem ersten Distanzritt. Aber das Chaos war noch nicht komplett - die etwas komplizierten Wegzeichen waren nicht immer so gut zu sehen. Manchmal waren sie zu klein, bzw. an wichtigen Punkten gar nicht vorhanden und die Kopie der Karte war auch nicht besonders informativ. So traf man unterwegs immer wieder auf entnervte Gesichter, die nach Klebebändchen in den verschiedenen Farben Ausschau hielten. Auch wir verritten uns mehrfach, aber die Krönung kam dann als wir am Pausenpunkt des 48km-Rittes vorbei kamen. 

Hier wollte man jetzt unbedingt unsere Pulswerte nehmen, obwohl für die 27km-Reiter/Innen keine Messung angesetzt war, zumindest nicht an diesem Punkt. Den dafür vorgesehenen Punkt hatte aufgrund der schlechten Wegmarkierung kein Reiter gefunden. Aller Widerspruch half nichts und da Caseys Wert über 72 lag durfte ich vorerst nicht weiterreiten. So zogen meine Mitreiterinnen nach Absprache schon einmal alleine weiter. Dann durfte ich auf einmal doch mit einem höheren Puls weiter. Nun alleine unterwegs wurde mein Pony doch etwas nervös und wir haben den Weg dann total aus den Augen verloren. Beide völlig entnervt ritten wir im Schritt anhand der Kartenkopie Richtung Start zurück und kamen dann tatsächlich im Ziel an. 

Hier wurden wir schon von Jutta erwartet, die alle Wassereimer erfolgreich gegen Fremde verteidigen konnte. Noch einmal Puls messen, 20 Minuten Pause, noch einmal Puls messen - unter 64 - o.k.- erst einmal fertig! Gut, dass keiner meinen Puls gemessen hat - ich war nämlich auf 180! Durch diesen Zwischenfall am 48iger Stopp hatten wir die Höchstzeit überschritten und kamen nicht mehr in die Wertung. Schade, denn alle anderen Werte waren in Ordnung. 

Nach einer zweistündigen Pause ging es dann zur Nachuntersuchung und wir bekamen die Transportfreigabe durch den Tierarzt. Doch das Chaos war noch lange nicht zu Ende. Das Finale kam mit der Siegerehrung! Doch die haben wir uns erspart und sind Richtung Heimat gefahren. Was man so von der Siegerehrung erzählt, haben wir wohl nichts verpasst. Nach ein paar Wochen ist dann unsere Checkkarte und eine Teilnehmerschleife per Post bei uns eingetroffen. Jetzt fehlt nur noch die versprochenen Stallplakette - mal sehen, ob wir Sie noch in diesem Jahr bekommen. 

Fazit: 

- Einsteigerseminar der Familie Gülden ist sehr zu empfehlen,

- Kleverlandritt war eine chaotische Erstveranstaltung und für Einsteiger eher abschreckend – Reitanlage und Gelände waren sehr schön - vielleicht wird es ja 2007 besser 

- Positiv erwähnen muss man die vielen Helfer/Innen, die trotz entnervter Teilnehmer immer freundlich waren. 

- Trotz des chaotischen Ersteindruckes werden wir bestimmt noch einmal bei einem Einführungsritt teilnehmen – fit genug sind wir in jedem Fall! 

 

Manuela Tijssens